FEUERVERSICHERUNGEN

Allgemeine Sicherheitsvorschriften der Feuerversicherer

Text: Dr.-Ing. Wolfgang J. Friedl | Foto (Header): © BillionPhotos.com – stock.adobe.com

Kommt es zu einem Brand und kann dieser nicht schnellstmöglich gelöscht werden, können hohe Kosten entstehen: Sachschäden in Räumlichkeiten, Betriebsunterbrechungen u. v. m. Dafür schließt der Betrieb eine Feuerversicherung ab, die im Fall des Falls unterstützend zur Seite stehen soll. Doch was muss der Betrieb im Voraus leisten, wie kann er sich absichern, damit er im Ernstfall wirklich die gewünschte Unterstützung erhält und was passiert, wenn eine Seite einen Vertragsbruch begeht?

Auszug aus:

Der Brandschutzbeauftragte
Ausgabe Oktober 2021
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Hinter den drei scheinbar harmlosen Buchstaben „ASF“ verbirgt sich eine Milliardensumme. Milliarden an Euros, die von den Feuerversicherungen nicht ausgezahlt werden mussten – weil die Kunden sich nicht an Vorgaben der ASF gehalten haben und dies entweder kausal zu einem Brandschaden oder einer Brandschadenvergrößerung geführt hat.

Definition der ASF

ASF steht für Allgemeine Sicherheitsvorschriften der Feuerversicherer, die korrekte juristische Bezeichnung lautet VdS 2038, der dazu gehörige Aushang VdS 2039.

„A“ wie Allgemein

Praktisch jeder Feuer-Versicherungsvertrag enthält diese Klausel und das A, also „Allgemeine“, steht dafür, dass es davon unabhängig ist, ob ein Unternehmen in großem Stil Brot backt, Elektronik montiert, Zement herstellt oder in der Logistik arbeitet. Das sind also Vorschriften, die allgemeingültig sind.

Daneben gibt es noch spezielle Sicherheitsvorschriften, die dann für einzelne Unternehmensarten (etwa Müllrecycling, Automobilproduktion oder EDV) gelten. Diese sind dann im Feuer-Versicherungsvertrag ebenfalls individuell und verbindlich festgelegt.

Des Weiteren gibt es noch individuelle Vorgaben für einzelne Unternehmen, die aufgrund der Lage, des Standorts, der Nachbarschaft oder bereits stattgefundener Brände auferlegt werden und unabhängig von der Produktionsart sind: Dies bedeutet, dass eben diese individuellen Auflagen ein Unternehmen bekommen kann, ein gleichartiges an einem anderen Ort aber nicht. Hier in diesem Artikel jetzt geht es jedoch ausschließlich um die allgemeinen Vorgaben.

„S“ wie Sicherheitsvorschriften

Das S in ASF steht für Sicherheitsvorschriften, und diese sind primär in Richtung Brandschutz ausgelegt; da es „Vorschriften“ sind und diese im Vertrag integriert sind, sind diese Punkte also verbindlich.

Definition „Vertrag“

Nun muss noch kurz erläutert werden, was ein Vertrag ist: ein Vertrag ist die freiwillige Übereinkunft von mindestens zwei Parteien, die sich gegenseitig unter bestimmten Randbedingungen zu etwas verpflichten – etwa etwas termingerecht herzustellen, zu liefern, zur Verfügung zu stellen (etwa eine Wohnung) oder auch etwas zu leisten (Arbeitsvertrag).

Konfliktpunkt Vertragsbruch

Wenn in dem Vertrag nicht gegen gesetzliche Bestimmungen oder die guten Sitten verstoßen wird, ist der Vertrag für beide Seiten gültig. Problematisch wird es, wenn eine Seite vertragsbrüchig wird. Daraufhin wird die Gegenseite von ihrer Verpflichtung, den Vertrag ihrerseits einzuhalten, entbunden. Somit beginnen die juristischen Auseinandersetzungen. Hier ist der Standpunkt der Feuerversicherer z. B. der, dass die Vertragspartner den Vertrag und seine Auflagen nicht eingehalten haben, es daher zum Brand kam und schließlich dies nicht zur Leistungspflicht der Versicherung zählt. So einfach ist das (eben nicht!). Solche gerichtlichen Auseinandersetzungen können sich über viele Jahre ziehen, zumal wenn es noch eine oder (je nach Streitsumme) auch weitere Instanzen gibt. Das kostet extrem viel Geld und dauert unter Umständen viele Jahre. In dieser Zeit ist der Versicherer nicht verpflichtet, das Geld auszuzahlen; viele Unternehmen können diese Zeit nicht überbrücken und verlieren somit (obwohl sie ggf. sogar im Recht waren oder zumindest einen Teil hätten bekommen können).

„F“ wie Feuerversicherungen

Schließlich: Das F in ASF ist der Plural – Feuerversicherungen – soll heißen, dass alle industriellen Feuerversicherungen diese ASF als Grundlage in Verträgen verwenden.

Das Versicherungsvertragsgesetz

Ein Gesetz ist das höchste, was wir in Deutschland kennen, und an Gesetze müssen sich alle (insbesondere Richter bei der Beurteilung von Sachverhalten) halten. Das Versicherungsvertragsgesetz, kurz VVG, ist ein derartiges Gesetz und § 26 besagt: „Im Fall einer grob fahrlässigen Verletzung ist der Versicherer berechtigt, seine Zahlungsleistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen“.

Somit ist ausgesagt, dass man in diesem Fall eine wissenschaftlich nicht eindeutig belegbare Summe zwischen 1 % und 99 % erhält. Die Höhe ist abhängig davon, wie grob der Verstoß war. Nun ist hier eines von extremer Relevanz: Dieser Paragraf greift lediglich, wenn sich jemand aus der Belegschaft grob fahrlässig verhalten hat. Wenn der Verstoß als fahrlässig, nicht jedoch als grob fahrlässig gewertet wird, muss der Versicherer zahlen.
Nun liegt es in der Natur einer Streitsache, dass beide Parteien einen eigenen Blickwinkel haben und die Sachlage unterschiedlich bewerten. Deshalb ist es wichtig, dass eine neutrale Person (z. B. der Richter) sich der Sache annimmt und ggf. einen sog. Gerichtsgutachter einschaltet, der ihm eine Empfehlung gibt. Diese Empfehlung ist jedoch für die Rechtsprechung unverbindlich, dem Richter obliegt es, die Sache zu bewerten und ein Urteil zu fällen. Da es relativ wenige Gerichtsgutachter gibt, kann sich deren Aussage oft viele Monate hinziehen. Zeit, die der Versicherungsnehmer oft nicht hat, weil er das Geld für den Wiederaufbau benötigt.
Wir lernen also daraus, dass wir uns zwar fahrlässig, aber eben nicht grob fahrlässig verhalten müssen, denn gem. § 26 ist der Vertragsbruch nur im Falle einer groben Fahrlässigkeit gegeben. Es ist nicht einfach zu definieren, wann die „normale“ Fahrlässigkeit aufhört und in die grobe Fahrlässigkeit übergeht – das ist immer eine Einzelfallentscheidung und subjektive Meinung des Richters.
Vor ca. 20 Jahren wurde dieses VVG im § 26 um einen entscheidenden Nachsatz abgeändert, der den Versicherer besser stellt, und der da lautet:
„Die Beweislast für das Nichtvorliegen einer groben Fahrlässigkeit trägt der Versicherungsnehmer.“
Das bedeutet, dass nun der Versicherungsnehmer – nicht mehr der Versicherer – beweisen muss, dass er nicht grob fahrlässig gehandelt hat. Früher war die Beweispflicht auf Seiten der Versicherer. Und nun steht der Brandschutzbeauftragte im Fokus, der seine Arbeitsleistung belegen muss. Seine Dokumentationen sollten die Schulungen, Prüfungen, Kontrollen, das Werten und Abstellen von Mängeln etc. beinhalten. Belegt er seine erledigten Aufgaben überzeugend, wird der Richter zu dem Schluss kommen, dass hier ein fahrlässiges Verhalten zu einem Brand geführt hat, aber eben kein grob fahrlässiges. Das Resultat ist, dass die Versicherung zur Begleichung des Schadens verurteilt wird. Schön für den Versicherungsnehmer, wenn es so ausgeht. Katastrophal, wenn nicht.

Was steht denn nun konkret in den ASF?

Neben den gesetzlichen und behördlichen Vorschriften gelten zusätzlich die nachfolgenden Inhalte als vereinbart (sonst kann der Versicherungsschutz beeinträchtigt sein).

Gesetzliche Vorschriften

Gesetzliche Vorschriften sind das Arbeitsschutzgesetz, Arbeitssicherheitsgesetz, die Landesbauordnung und die nachfolgenden Verordnungen, Regeln und Bestimmungen.

Behördliche Vorschriften

Behördliche Vorschriften sind all jene, die die Berufsgenossenschaften und ggf. auch die Gewerbeaufsicht fordern, allen voran die DGUV Vorschriften und die DGUV Regeln. Hier gibt es eine ganze Reihe von verbindlichen Forderungen, die den betrieblichen Brandschutz tangieren.

Allgemeine Aspekte: korrekte Wahl der Handfeuerlöscher

Weiter stehen dann konkret noch in den ASF Punkte, die man richtig interpretieren muss, etwa dass man „geeignete“ Handfeuerlöscher zur Verfügung stellen muss. Das bedeutet, dass das Löschmittel keinen unverhältnismäßig großen Schaden anrichten kann. Gemeint ist hierbei das ABC-Pulver, das ein fein zerriebenes Salz ist und meist großflächig alle Materialien zerstört, mit denen es in Kontakt kommt.

Allgemeine Aspekte: Brandschutzhelfer und Brandschutzordnung

Teil A – C

Zusätzlich fordert der Feuerversicherer in einer Feuerlöschordnung, dass es ausreichend viele Brandschutzhelfer und eine Brandschutzordnung (Teile A, B und C) gibt.

Allgemeine Aspekte: Rauchverbot

Als nächster konkreter Punkt wird z. B. ein Rauchverbot an Stellen gefordert, an denen die Glut einer Zigarette einen Feuerschaden anrichten kann. Es ist wichtig, immer wieder auf das grundlegende Rauchverbot hinzuweisen und dieses auch durchzusetzen. Im Gegenzug sind Raucherinseln oder andere Raucherbereiche festzulegen.

Allgemeine Aspekte: Pflicht der Bekanntgabe der Vorschriften

Die ASF ist einfach und kurz sowie auch ganz konkret gehalten. Weiter wird nämlich gefordert, dass die grundsätzlich wichtigen und hier gültigen Sicherheitsvorschriften (aus Gesetzen, Bestimmungen und der ASF) den Vorgesetzten bekannt zu geben sind. Diese Bekanntgabe ist die Aufgabe der Brandschutzbeauftragten. Ob in Form einer Schulung oder einer Besprechung, all diese Vorgaben und Maßnahmen sind den Vorgesetzten zusammenzustellen und zu erläutern. Schließlich tragen sie die Verantwortung für die Einhaltung der Brandschutzvorgaben.

Allgemeine Aspekte: Bekanntmachung mittels Aushang

Letztlich ist die Kurzfassung der ASF in DIN A4 oder DIN A3 an den allgemein zugänglichen Informationsbrettern im Unternehmen auszuhängen. Da man davon ausgehen kann, dass die Belegschaft diese nicht sieht bzw. liest, sind diese Informationen und Vorgaben in die jährliche Brandschutzschulung in verständlicher Form und Sprache zu integrieren. Diese kann der Brandschutzbeauftragte schließlich belegen. Denn im Fall des Falls liegt die Beweispflicht auf seiner Seite.

Allgemeine Aspekte: Wartung von Brandschutztüren

Brandschutztüren im Unternehmen müssen laut ASF jährlich gewartet werden, sie dürfen nicht verbotenerweise aufgehalten werden, und alle Brandschutztüren, die mit Rauchmeldern und Elektromagnet erlaubterweise tagsüber aufgehalten sind, müssen außerhalb der Arbeitszeit geschlossen werden. Dies ist täglich durchzuführen und durch eine weitere Person zu prüfen. Weitere Forderungen der ASF werden in der nachfolgenden Tabelle linksseitig aufgelistet und in der rechten Spalte erläutert.

Allgemeine Aspekte: Prüfung der Räumlichkeiten nach Arbeitsende

Abschließend fordert die ASF eine Kontrolle aller relevanten Räumlichkeiten von zuverlässigen Personen nach Arbeitsende. Es ist zu kontrollieren, ob es noch Gefahrdrohendes oder gar Gefahrenerhöhungen im Unternehmen gibt und wenn „ja“, so ist das zu beseitigen.

Nicht benötigte Elektrogeräte müssen ausgeschaltet (nicht Stand-by!) und im Idealfall auch physikalisch vom Stromnetz getrennt sein. An Stellen, an denen es feuergefährliche Arbeiten gegeben hat, darf es keine Brandgefahr mehr geben – eine Brandwache ist mindestens zwei Stunden (ggf. auch länger) aufzustellen. Diese Brandwache muss dazu befähigt sein, im Brandfall schnell und zugleich auch richtig zu reagieren. Schließlich ist noch zu kontrollieren, ob der Abfall entsorgt worden ist und ob die mit Rauchmeldern aufgehaltenen Brandschutztüren auch wirklich geschlossen sind.

Forderung aus der ASF Erläuterung für den betrieblichen Alltag
Packmaterial ist in nichtbrennbaren Behältern bereitzustellen. Das gilt für produzierende Unternehmen. Man darf die Füllmaterialien also nicht in Kunststoffbehältern abfüllen, sondern muss diese in blechbekleidete Umfassungen geben.
Packmaterial ist in eigenen (feuerbeständig abgetrennten) Räumen zu lagern. Packmaterial ist immer leichtentflammbar und viele Unternehmen haben dies tonnenweise gelagert. Sind diese in einem eigenen Bereich gelagert, sind die eigentlichen Produkte nicht gefährdet.
Es muss Raucherzonen und eigene Abfallbehälter dafür geben. In geeigneten Zonen sind Raucherinseln einzurichten und passende Abfallbehälter zu wählen.
Ölige Lumpen sind getrennt von anderen Gegenständen zu entsorgen. Dieser Punkt wird auch von der BG gefordert. Es sind gesonderte Abfallbehälter einzurichten.
Feuergefährliche Arbeiten müssen von befähigten Personen ausgeführt werden. Dafür muss es einen Erlaubnisschein geben. Feuergefährliche Arbeiten sind nicht selten die Ursache für nachfolgende Brände. Insbesondere der Brandwache fällt eine besondere Bedeutung zu.
Brennbare Flüssigkeiten und jedwede Gase (brennbar, nichtbrennbar, brandfördernd) sind zu vermeiden. Man muss (vgl. TRGS 600) für jede brennbare Flüssigkeit und für jedes Gas (brennbar, nichtbrennbar, brandfördernd), wenn es vorhanden und eingesetzt wird, belegen können, dass es für die Produktion unvermeidbar ist. Ansonsten gilt die Substitutionsregel.
Private Elektrogeräte sind zu genehmigen und zu organisieren. Wenn private Elektrogeräte geregelt sind (Aufstellort, Betriebsbedingungen, Prüfungen), so sind sie deutlich weniger brandgefährlich.
Abfälle sind mindestens arbeitstäglich zu entfernen. Wichtig ist, dass es keinen großen zeitlichen Abstand zwischen Arbeitsende und Abfallentfernung gibt. Je nach Abfallmenge sind diese auch mehrfach am Tag zu beseitigen.
Staub ist immer dann zu entfernen, wenn er > 1 mm dick ist. Das betrifft primär Unternehmen, die brennbare und explosive Stäube in größeren Mengen erzeugen.
Elektroanlagen sind gem. VDE auszulegen. Hierfür sind ggf. Elektrofachfirmen anzufragen.
Abfälle müssen brandsicher gelagert werden. Das ist eine Forderung aus der Bauordnung und bedeutet, dass Abfall, der sich nach Entsorgung entzünden kann, bereits im Voraus so zu lagern ist, dass keine großen Brandschäden entstehen können (insbesondere keine Betriebsunterbrechung).

Tab. 1: Einblick in weitere Forderungen aus der ASF.

Der Autor

Dr.-Ing. Wolfgang J. Friedl studierte Brandschutz und Arbeitssicherheit in Wuppertal und ist seit 1986 im In- und Ausland tätig als Sicherheits- und Schadensingenieur, als Brandschutzkonzeptersteller, Gutachter und neutraler Unternehmensberater.

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