BAULICHER BRANDSCHUTZ
Brand- und Rauchschutztüren im Betrieb
Text: Christopher Biffar | Foto (Header): © SdelMo – stock.adobe.com
Nach der Entstehung eines Brands ist es grundsätzlich sowohl aus bauordnungsrechtlicher als auch aus Sicht der Sachversicherer und im Sinne der betrieblichen Handlungsfähigkeit immens wichtig, den Brand (Feuer und Rauch) an seiner Ausbreitung zu hindern bzw. dies so lange zu verzögern, bis die Feuerwehr vor Ort eingetroffen ist und wirksame Löscharbeiten durchführen kann. Doch was sind die Schwachstellen in Raumabschlüssen? In diesem Beitrag betrachten wir genauer die Feuer- und Rauchschutzabschlüsse, die einen nicht zu unterschätzenden Beitrag zur Vorbeugung der Feuer- und Rauchausbreitung bei einem Brandereignis leisten.
Auszug aus:
Der Brandschutzbeauftragte
Ausgabe August 2021
Jetzt Leser werden
Stellt man sich eine Gebäudekubatur vor, bei der es ausschließlich öffnungslose Wände und Decken geben würde, wäre die Verhinderung der Brandausbreitung erstmal relativ einfach zu erfüllen. Dass dieses utopische Sinnbild natürlich nicht in unseren Gebäuden (sowohl privat als auch betrieblich) umsetzbar ist, dürfte klar sein.
Rechtliche Grundlagen
Die allumfassende und immer wiederkehrende Frage nach dem „Wo steht’s?“ wird auch in diesem Beitrag als Erstes beantwortet, um in der Argumentation als Brandschutzbeauftragter, sowohl mit Behörden, als auch mit dem Unternehmer/Betreiber der Anlagen solide Rechtsgrundlagen nennen zu können. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass Sie als Brandschutzbeauftragte ein Recht auf brandschutztechnisches Fachwissen haben. Selbstverständlich können Sie in den Unterlagen Ihrer Grundausbildung zum Brandschutzbeauftragten nachlesen, jedoch ist es mehr als ratsam, sich weiterführende Fachliteratur zuzulegen bzw. sollte seitens des Unternehmens eine Zugänglichkeit zu Informationen, die Sie für Ihre Ausübung der Tätigkeit als Brandschutzbeauftragte benötigen, vorhanden sein.
Die Landesbauordnungen
Als rechtliche Grundlage kann (wie in den meisten Fällen) die Landesbauordnung des jeweiligen Bundeslandes, in dem Ihr zuständiger Betrieb liegt, herangezogen werden. Schauen wir hier in den brandschutztechnischen Grundsatzparagrafen (§ 14 Brandschutz – MBO) „sind bauliche Anlagen so anzuordnen, zu errichten, zu ändern und instand zu halten, dass der Entstehung eines Brandes und der Ausbreitung von Feuer und Rauch (Brandausbreitung) vorgebeugt wird und bei einem Brand die Rettung von Menschen und Tieren sowie wirksame Löscharbeiten möglich sind.“
Technische Regeln und Normen
Nehmen wir wie eingangs erwähnt das bauordnungsrechtliche Schutzziel „Brandausbreitung vorbeugen“, so finden wir dieses in diesem Paragrafen wieder und haben damit bereits unsere erste rechtliche Grundlage für Feuer- und Rauchschutzabschlüsse gefunden. Selbstverständlich kommen hierzu noch etliche anerkannte Regeln der Technik sowie eingeführte technische Baubestimmungen. Die bekannteste nationale Norm für Feuerschutzabschlüsse ist die DIN 4102 Teil 5. Gemäß dieser sind Feuerschutzabschlüsse jegliche selbstschließende Abschlüsse, die das Ziel haben, dass das Feuer nicht durch Wände oder Decken gelangen kann. Abschlüsse sind hier beispielsweise Türen, Tore, Rollläden oder auch Klappen.
Im Zuge der Harmonisierung von nationalen Normen in das europäische Baurecht ist es wichtig zu wissen, dass Feuerschutzabschlüsse nicht geregelte Bauprodukte sind und die Koexistenzphase von der nationalen DIN 4102 Teil 5 und der harmonisierten DIN EN 16034 (Produktnorm Fenster, Türen und Tore mit Brandschutzeigenschaften) Ende 2019 abgelaufen ist. Da jedoch aktuell noch europäische Normen für Innentüren und automatische Türen angepasst und überarbeitet werden, kann für Anforderungen an Feuerschutzabschlüsse weiterhin die nationale DIN 4102-5 angesetzt werden.
Ferner sind die grundsätzlichen Anforderungen der jeweiligen Bundesländer und spezifische Verwaltungsvorschriften sowie Technische Baubestimmungen zu nennen. Seien Sie sich als Brandschutzbeauftragte an dieser Stelle eines gewiss: Das europäische Bauproduktenrecht und Klassifizierungen/ Bestimmungen im Brandschutz werden ein Thema sein und Sie kommen nicht daran vorbei. Deshalb sei hier ganz klar gesagt: Beschäftigen Sie sich frühzeitig mit dieser Thematik. Spätestens wenn Sie nach einer Zulassung zu einer Brandschutztür fragen und eine Leistungserklärung mit CE Kennzeichnung in die Hände gedrückt bekommen mit Bezeichnungen wie EI2-30-C5-S200 und Sie eigentlich auf eine altbekannte T30-Tür hofften, werden Sie feststellen, dass die Zukunft in Ihrem Betrieb angekommen ist. Gehen Sie dieses Thema wissbegierig und proaktiv an und informieren Sie sich an geeigneten Stellen.
Verordnungen und berufsgenossenschaftliche Vorschriften
Weitere rechtliche Grundlagen lassen sich aus der Arbeitsstättenverordnung, den berufsgenossenschaftlichen Vorschriften und Regeln sowie der Betriebssicherheitsverordnung ableiten. Jedoch aufgepasst: Wer hier explizit und konkret formulierte Vorgaben bezüglich Anforderungen an Feuerschutzabschlüsse sucht, wird nicht fündig werden.
Für Rauchschutztüren kann nach wie vor die DIN 18095 Teil 1 – 3 angesetzt werden, die erwähnte Produktnorm DIN EN 16034 und die Prüfnorm DIN EN 1634 in Verbindung mit der 13501 Teil 2 (Klassifizierung von Bauprodukten und Bauarten zu ihrem Brandverhalten). An dieser Stelle sei erwähnt, dass es zusätzliche Anforderungen bezüglich Feststellanlagen (DIN 14677 – Instandhaltung von elektrisch gesteuerten Feststellanlagen für Feuerschutz- und Rauchschutzabschlüsse) sowie Brandschutzverglasungen (DIN 4102 Teil 13) gibt, die jedoch in diesem Beitrag nur teilweise berücksichtigt werden.
Unterscheidung Brandschutztür und Rauchschutztür
Reden wir von einem bauordnungsrechtlich zugelassenen Feuerschutzabschluss, der sog. Brandschutztür, so können wir immer eine Feuerwiderstandsdauer feststellen. Diese beträgt bei Regelbauten und bei den meisten Sonderbauten mindestens 30 undmaximal 90 Minuten. Zusätzlich ist eine Brandschutztür immer dicht- und selbstschließend. Dichtschließend bedeutet, dass die Tür formstabile Türblätter hat und mit dreiseitig umlaufenden, dauerelastischen Dichtungen ausgestattet ist, die aufgrund ihrer Form und des Dichtungsweges bei geschlossenem Zustand sowohl an der Türzarge als auch an den Türflügeln anliegen. Beim Thema Selbstverschluss der Brandschutztür kommen wir zu einem sehr wichtigen Punkt. Stellen Sie sich eine innere Brandwand mit einem feuerbeständigen, dichtschließenden Feuerschutzabschluss vor, jedoch ohne Selbstverschluss. Der Raumabschluss im Bereich der Öffnung würde fehlen, sobald die Tür geöffnet ist und somit offen stehen bleibt. Feuer und Rauch könnten sich im Brandfall ungehindert von einem Abschnitt in den nächsten ausbreiten.
Aufmerksame Leserinnen und Leser, respektive Brandschutzbeauftragte stellen nun unweigerlich und selbstverständlich fest, wo dies hinführt: Zur Achillesferse des Feuerschutzabschlusses, dem allseits bekannten Türkeil alias „Brandschutzkeil“ oder auch „F30-Keil“, der häufig genutzt wird, wenn eine Tür nach Einschätzung der hier durchgehenden Personen offenbleiben sollte und nicht geschlossen werden darf. Auch wenn dies vielleicht im ersten Moment dem ein oder anderen ein Schmunzeln ins Gesicht zaubert, da fast jeder Brandschutzbeauftragte schon mal von dieser Situation gehört oder diese gar erlebt hat, seien Sie sich stets über eins im Klaren:
„Wer absichtlich oder wissentlich die zur Verhütung von Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr dienenden Schutzvorrichtungen oder die zur Hilfeleistung bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr bestimmten Rettungsgeräte oder anderen Sachen beseitigt, verändert oder unbrauchbar macht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“ (Auszug aus dem Strafgesetzbuch § 145 (Abs. 2) – Missbrauch von Notrufen und Beeinträchtigung von Unfallverhütungs- und Nothilfemitteln).
Sie sehen also: Spätestens beim Außerkraftsetzen des Selbstverschlusses der Brandschutztür (egal in welcher Art und Weise) hört der Spaß juristisch betrachtet auf. Gleiches gilt selbstverständlich auch für die Rauchschutztüren. Um den Bogen hier direkt zu den Rauchschutztüren zu spannen, sind nachfolgende Merkmale per Definition wichtig: Rauchschutztüren besitzen (so wie der Name bereits vermuten lässt) keinen Feuerwiderstand, sondern verhindern lediglich den Durchtritt von Rauch.
Unterschieden wird hierbei auf nationaler und europäischer Ebene in Bezug auf die Rauchdichtigkeit in Umgebungstemperatur und bei erhöhter Temperatur. Rauchschutztüren besitzen zusätzlich zu einer dreiseitig umlaufenden, dauerelastischen Dichtung einen Bodenabschluss durch absenkbare Dichtung oder Auflaufdichtung, die sich beim vollständigen Schließen der Öffnung mit dem Türblatt so weit auf den Boden absenkt, dass ein Durchtritt von Rauch vollständig verhindert wird. Gemäß DIN 18095 darf in Bezug auf den Selbstverschluss das selbsttätige Schließen nur mithilfe von Feststellanlagen behindert werden, deren Brauchbarkeit nachgewiesen ist. Das bedeutet, dass hierfür nur bauordnungsrechtlich zugelassene Systeme verwendet werden dürfen.
Kennzeichnung von Brand- und Rauchschutztüren
Jede Rauchschutztür, die der nationalen Norm DIN 18095 entspricht, muss an gut sichtbarer Stelle gekennzeichnet sein. Hierfür werden Blechschilder mit den Maßen 24 mm x 140 mm verwendet. Folgende Angaben müssen hierauf beschrieben sein:
■ Bezeichnung der Norm
■ Produktbezeichnung des Herstellers
■ Herstellerinformationen
■ Prüfzeugnis Nr. … vom … (Datum)
■ Prüfstelle
■ Herstellungsjahr
Für den Brandschutzbeauftragten sind diese Angaben besonders relevant, um (z. B. im Rahmen von Brandschutzbegehungen und/oder Wartungen der Rauchschutzabschlüsse) genau zu wissen, welche brandschutztechnische Qualität die Tür besitzt. Dies kann besonders die Thematik bei nachträglichen Änderungen an der Tür betreffen.
Auch Feuerschutzabschlüsse sind zu kennzeichnen. Dies geschieht ebenfalls in der Praxis mit einem Blechschild, das sog. Typenschild oder Kennzeichnungsschild mit allen Angaben wie z. B. des Herstellers, des Feuerwiderstands, des Herstellungsjahrs, der Zulassungsnummer etc. Für Brandschutztüren im Bestand ist es für den Brandschutzbeauftragten wichtig zu wissen, dass erst seit 1958 die ersten Typenschilder an Feuerschutzabschlüssen gängige Praxis wurden. Für Bestandstüren gilt eine Grundsatzregel: Bestandsschutz nur dann, wenn die Tür die Sicht- und Funktionsprüfung besteht!
Nachweise, Dokumentation und Änderungen
Für die tägliche Arbeit muss also bekannt sein, welche Türen im Betrieb genau brandschutztechnische Anforderungen haben und welche nicht. Dies kann u. a. über die Baugenehmigungsunterlagen und/oder das Brandschutzkonzept respektive über die Brandschutzpläne herausgefunden werden. Da Feuer- und Rauchschutzabschlüsse zu den sicherheitstechnischen Anlagen und Einrichtungen zählen, sind diese durch sachkundige Personen nach Herstellerangaben, jedoch mindestens einmal jährlich zu prüfen und ggf. zu warten bzw. instand zu setzen.
Sollten Sie an einer Brandschutz- oder Rauchschutztür offensichtliche Funktionsbeeinträchtigungen feststellen, sind diese jedoch unverzüglich durch einen Fachbetrieb zu überprüfen. Auch hier gilt als zusätzliche Grundsatzregel: Prüfung der Brandschutz- oder Rauchschutztür durch Sachverständige oder befähigte Personen unverzüglich vor erster Inbetriebnahme oder nach wesentlicher Änderung, jedoch mindestens einmal jährlich. Nachträgliche, wesentliche Änderungen an Feuer- und Rauchschutzabschlüssen sind übrigens mit dem jeweiligen Hersteller der Tür abzuklären, um nicht den Verlust der Zulassung der Tür zu riskieren bzw. Haftungsgründe hervorzurufen. Dies gilt nicht für das Anbringen von Aufklebern, Hinweisschildern, Schutzstangen (Befestigungspunkte beachten) o. A. So können z. B. nicht brennbare Metallschienen (A1) im Bodenbereich dann nachträglich bei Rauchschutztüren angebracht werden, wenn unter der Tür Teppichboden durchläuft, da diese rauchdichten Türen immer auf glatte Oberflächen stoßen müssen. Jedoch gilt auch hier für Sie als Brandschutzbeauftragte: Sind Sie sich unsicher, fragen Sie direkt beim Hersteller der Tür nach, was erlaubt ist und was nicht. Das Gleiche gilt auch für wesentliche oder nicht wesentliche Mängel bei Brandschutz- und Rauchschutztüren im Bestand, die die Funktion und Wirksamkeit beeinträchtigen können.
Fazit
Brand- und Rauchschutztüren sind für den vorbeugenden Brandschutz von großer Bedeutung und müssen jederzeit funktonsfähig sein. Dies gilt v. a. mit Blick auf Verkeilung oder sonstige Außerkraftsetzungen.
Fallen Mängel auf oder sind Sie sich unsicher so kontaktieren Sie den Hersteller oder ziehen Sie Brandschutzsachverständige zurate, die sich mit Brandschutztüren auskennen. Bei festgestellten Mängeln ist u. U. nicht direkt die Tür zu erneuern, sondern kann ggf. durch zulassungskonforme Modifikationen oder gar durch Zustimmung im Einzelfall mit der Behörde durch die Erarbeitung von Sonderlösungen erhalten bleiben.
Der Autor
Christopher Biffar ist Geschäftsführer, Sachverständiger & Gutachter bei der Biffar Quality Solutions GmbH in Mannheim und selbst seit 13 Jahren im Bereich Brandschutz, Sicherheits- und Risikomanagement tätig. Die Biffar Quality Solutions GmbH bietet alle Planungs- und Beratungsleistungen, Ausbildungen sowie gutachterliche Tätigkeiten in allen Belangen des vorbeugenden Brandschutzes, des Arbeitsschutzes und Risikomanagements an.