TECHNIK IN DER BRANDBEKÄMPFUNG
Effizienz und Sicherheit durch digitale Innovation: Generative Arbeitsweisen mit BIM im Brandschutz
Text: Dr. Manuel Mühlbauer | Bild (Header): © putilov_denis – stock.adobe.com
Die Verbindung von Generative Design und Building Information Modeling (BIM) bietet neue Möglichkeiten, die Planung und Umsetzung von Brandschutzstrategien effizienter und sicherer zu gestalten. Durch den Einsatz fortschrittlicher Algorithmen und Künstlicher Intelligenz können Brandschutzlösungen präzise optimiert und potenzielle Risiken frühzeitig identifiziert werden. Dieser Ansatz verbessert nicht nur die Sicherheit von Gebäuden, sondern trägt auch dazu bei, Planungsprozesse zu vereinfachen und die Qualität der Ergebnisse zu steigern.
Auszug aus:
Der Brandschutzbeauftragte
Ausgabe Februar 2025
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INHALTE DES BEITRAGS
Brandschutz neu gedacht: innovativ, effizient, BIM-getrieben
Kreative Technologie mit Generative Design und BIM
Überblick über Automatisierungsmöglichkeiten
Mensch-Maschine-Interaktion
Intelligente Algorithmen als Unterstützungsfunktionen
Einbindung von Simulation als Bewertungskriterium
Generative Design und BIM
Brandschutz neu gedacht: innovativ, effizient, BIM-getrieben
Generative Arbeitsweisen mit Building Information Modeling (BIM) im Brandschutz bieten eine innovative Möglichkeit, die Planung und Umsetzung von Brandschutzstrategien effizienter zu gestalten. Voraussetzung hierfür ist eine konsistente Modellvorstellung der Leistungen von Brandschutzingenieuren und der einzelnen Arbeitsschritte innerhalb des gesamten Planungsprozesses. Durch den Einsatz von BIM kann der gesamte Lebenszyklus eines Gebäudes, von der Entwurfsphase mit Vorprojekten der technischen Gebäudeausrüstung bis zur Wartung, effektiv mit digitalen Zwillingen – 3-D-Modellen, die mit Bauteileigenschaften und Daten verbunden sind – verwaltet werden.
Zum einen ermöglicht BIM eine detaillierte Modellierung von Gebäuden, deren Tragwerken und technischen Systemen. Zum anderen werden, basierend auf dem eigenständigen Fachmodell für den Brandschutz, genaue Simulationen von Brandszenarien, Rauchausbreitung und Personenströmen erarbeitet. Diese Simulationen sind bei Großprojekten essenziell, um potenzielle Risiken zu identifizieren und geeignete Maßnahmen so zu planen, dass sie unerwartete geometrische Effekte darstellen, bevor diese in Beton gegossen werden.
Generative Design-Tools können innerhalb von BIM mehrere Lösungen für auftretende Brandschutzprobleme vorschlagen, damit Brandschutzplaner und -ingenieure Fluchtwege, Brandlasten und Löschausrüstungen so berücksichtigen, dass keine erhöhte Gefahr von z. B. unerwarteten Luftströmungen, auftritt. So können die Genauigkeit und Effizienz von BIM in der vernetzten Kooperation von Mensch und Maschine effektiv genutzt werden.
Kreative Technologie mit Generative Design und BIM
Generative Designmethoden sind fortschrittliche Verfahren, die Algorithmen und computerbasierte Prozesse nutzen, um zahlreiche Designlösungen basierend auf Rahmenbedingungen und Kriterien zu entwickeln. Anders als bei traditionellen Ansätzen werden Entwerfer und Planer durch Rechenleistung dabei unterstützt, vielfältige Lösungsmöglichkeiten für geometrische Problemstellungen zu erkunden. Wenn der Rechner die Lösungen datenbasiert erzeugt hat, wählt das Designteam geeignete Vorschläge aus und verfeinert diese manuell.
Generative Arbeitsweisen mit Building Information Modeling (BIM) beziehen sich auf innovative und effiziente Lösungen im Bereich des Bauwesens, welche automatisierte Prozesse zur Erstellung und Optimierung von Bauprojekten einsetzen. Dabei kommen häufig Methoden des generativen Designs zum Einsatz, die auf Datenanalyse und Simulation basieren, um neuartige Lösungen oder technisch optimierte Ergebnisse darzustellen. Der Einsatz von BIM wird durch generative Techniken und Künstliche Intelligenz (KI) vereinfacht, Genauigkeit und Effizienz in der Entwurfs- und Planungsphase werden gesteigert. Dies führt zu einer evidenzbasierten, wissenschaftlichen Arbeitsweise für kosteneffiziente, umweltfreundliche und innovative Bauprojekte.
Überblick über Automatisierungsmöglichkeiten
Der Brandschutz in der Bauindustrie ist ein wesentlicher Aspekt, der bei der Planung, Konstruktion und Nutzung von Gebäuden berücksichtigt werden muss. Er umfasst eine Vielzahl von Maßnahmen und Standards, die darauf abzielen, die Entstehung von Bränden zu verhindern, die Ausbreitung von Feuer und Rauch zu begrenzen und die Sicherheit von Menschen und Eigentum zu gewährleisten.
Hier sind einige der wichtigsten Aspekte des Brandschutzes in der Bauindustrie:
1. Bauliche Maßnahmen: Diese können die Verwendung nicht brennbarer Materialien, die Konstruktion von Brandwänden und -decken sowie die Implementierung von Feuerlöschanlagen umfassen. Gebäude können automatisch so vorkonzipiert werden, dass die Materialien und Bauteile so gewählt und mit Eigenschaften – den sog. Attributen – versehen sind, dass sie die Ausbreitung von Feuer und Rauch verzögern und Fluchtwege für die Bewohner sichern. Nun können Brandschutzplaner und – ingenieure die vorkonzipierten Lösungen prüfen, anpassen, verbessern und erweitern, bis das Ergebnis dem Stand der Technik entspricht.
2. Technische Einrichtungen: Dazu gehören automatische Brandmeldesysteme, Sprinkleranlagen und Rauchabzugseinrichtungen, die in Gebäuden installiert werden, um Feuer frühzeitig zu erkennen und zu bekämpfen. Hier werden generative Algorithmen genutzt, um die Zentralen, Leitungen und Anlagenteile so zu platzieren, dass technisch sinnvolle und effiziente Lösungen erzeugt werden.
3. Flucht- und Rettungswege: Diese müssen klar gekennzeichnet, ausreichend dimensioniert und jederzeit zugänglich sein. Ihre Planung ist entscheidend, um eine schnelle Evakuierung im Brandfall zu ermöglichen. Mit generativen Algorithmen können die Gebäudemodelle so ausgewertet und konstruiert werden, dass die Fluchtweglängen auch bei komplexen Geometrien oder organisch geschwungenen Formen immer eingehalten werden.
4. Organisatorische Maßnahmen:Diese beinhalten regelmäßige Schulungen und Übungen für Bewohner und Mitarbeiter, um im Fall eines Brandes angemessen reagieren zu können. Hier können neben Video- und Textgeneration für das Schulungsmaterial auch Planausschnitte und Diagramme aus dem BIM-Modell generiert werden. So entstehen Schulungsinhalte, die sich direkt auf das erstellte Brandschutzkonzept beziehen, das alle relevanten Schutzmaßnahmen enthält.
5. Rechtliche Vorschriften: In vielen Ländern regeln Bauordnungen und Verordnungen und Richtlinien die notwendigen Maßnahmen zum Brandschutz. Diese müssen bei der Planung und dem Bau von Gebäuden eingehalten werden und können als Rahmenbedingungen oder Kriterien in das Generative Design eingehen. So können die Modellierung, die Attribuierung – also die Benennung von Bauteilen mit bestimmten Eigenschaften – und die Platzierung von Anlagenteilen basierend auf geltenden Normen, Richtlinien und Gesetzen erfolgen.
6. Prüfungen und Wartung: Regelmäßige Inspektionen und Wartungsarbeiten sind notwendig, um die Funktionsfähigkeit der Brandschutzeinrichtungen sicherzustellen. Die Wartungszyklen und die Ausfallwahrscheinlichkeit kann modellbasiert an die Nutzungsanforderungen angepasst werden.
Insgesamt ist der Brandschutz ein integraler Bestandteil des Bauwesens, der nicht nur der Sicherheit der Bewohner, sondern auch dem Schutz der Umwelt dient. Die Zusammenarbeit zwischen Architekten, Ingenieuren, Bauherren und Behörden ist entscheidend, um ein hohes Maß an Sicherheit zu gewährleisten. Deshalb werden die Entscheidungen über Art und Weise der Anwendung von technischen Systemen und die Anordnung der räumlichen Funktionen sicher auch weiterhin von Menschen getroffen.
Mensch-Maschine- Interaktion
Die Sichtung und Prüfung der vorkonzeptionierten Planungen als Ergebnis des Generative Design werden ebenfalls von Fachplanern durchgeführt. Eine technische Umsetzung kann teilautomatisiert mit einer interaktiven Nutzeroberfläche als Human-in-the-Loop-System erfolgen. Alternativ werden die Ergebnisse der rechnergestützten Prozesse als Zwischenschritte der Planung genutzt und in modellbasierte BIM-Workflows eingebunden. Die Beurteilung und Finalisierung von Planungsleistungen im Brandschutz benötigen eine derart reiche Fachkompetenz, dass maschinelle Verfahren hierzu nur mit hohem Aufwand umzusetzen sind.
Der Grund hierfür sind einerseits die in der Bauplanung eröffneten zahlreichen Schnittstellen des vorbeugenden baulichen Brandschutzes zu anderen Disziplinen. Die Brandschutzplanung muss andererseits in einem umfassenden Brandschutzkonzept in Text und Plänen in der Genehmigungseinreichung dargestellt werden. Die Verbindung von Building Information Modeling (BIM) und generativen Methoden im Brandschutz stellt eine innovative Herangehensweise dar, um die Sicherheit von Gebäuden und deren Nutzern zu verbessern. Da BIM als digitale Datenvisualisierung physikalische und funktionale Eigenschaften eines Bauwerks umfassend beschreibt und eine äußerst detaillierte visuelle und technische Planung und Analyse von Bauprojekten ermöglicht, wird diese Technologie sicher Grundlage technischer Weiterentwicklungen im Brandschutz basierend auf Generative Design und Künstlicher Intelligenz sein. Diese Daten können in größerer Menge als Datensets genutzt werden, um die Brandschutzmaßnahmen eines Gebäudes generativ zu planen und zu implementieren.
Intelligente Algorithmen als Unterstützungsfunktionen
Mittels KI-gestützter Algorithmen kann BIM im Brandschutz helfen, komplexe Entscheidungen zu treffen. Beispielsweise kann das System unter Berücksichtigung gesetzlicher Vorschriften und individueller Gebäudebedingungen automatisch die effektivsten Brandschutzmaßnahmen erkennen. Diese Analyse von Planungsalternativen unterstützt Planer dabei, Kosten und Risiken abzuwägen und eine Lösung zu wählen, die möglichst wirtschaftlich die notwendigen Schutzziele erreicht.
Ein weiterer Vorteil ist die verbesserte Zusammenarbeit zwischen Fachleuten. Da alle Informationen in einem digitalen Modell gespeichert sind, können Architekten, Ingenieure und Brandschutzexperten in Echtzeit auf dieselben Informationen zugreifen und Änderungen sofort nachvollziehen. Dies reduziert Fehler und sorgt für eine schnellere Umsetzung von Lösungen, da der Datenaustausch nicht mehr asynchron erfolgen muss.
Insgesamt bieten generative Arbeitsweisen mit BIM im Brandschutz eine zukunftsweisende Möglichkeit, die Sicherheit von Gebäuden zu verbessern und gleichzeitig die Planungsprozesse zu vereinfachen und effizienter zu gestalten.
Einbindung von Simulation als Bewertungskriterium
Die Einführung der Generativen BIM-Methode in die Digitalisierung der Planungsprozesse zielt darauf ab, die Voraussetzungen für eine Bewertung von Großprojekten mit Simulation zu vereinfachen, effizientere Abläufe im Bauplanungsprozess zu etablieren und komplexe Analyse datenbasiert durchzuführen, um Fehlerquellen oder Abweichungspotenziale aufzuzeigen. Generative Methoden hingegen beziehen sich auf Algorithmen und Rechenmethoden, die komplexe Probleme durch sich selbst entwickelnde Lösungsansätze angehen. In der Architektur und im Bauwesen können diese Methoden verwendet werden, um vielfältige Designmöglichkeiten zu generieren und zu evaluieren, die sonst vielleicht nicht in Betracht gezogen würden. Im Kontext des Brandschutzes können generative Algorithmen dabei helfen, mögliche Fluchtwegszenarien zu simulieren, die Platzierung von Sprinkleranlagen zu optimieren oder die Risiken von Rauch- und Feuerverteilung in einem Gebäude zu analysieren.
Die Integration von Evakuierungssimulationen in Notfallmanagementplänen bietet erhebliche Vorteile für die Verbesserung der Sicherheit und Effektivität von Evakuierungsmaßnahmen. Diese Simulationen ermöglichen es, verschiedene Szenarien und potenzielle Herausforderungen während einer Evakuierung zu analysieren und vorherzusehen. Durch den Einsatz modernster Software und Algorithmen können realistische Modelle erstellt werden, die sowohl das Verhalten von Individuen als auch die Dynamik großer Menschenmengen berücksichtigen.
Ein zentraler Nutzen der Evakuierungssimulationen besteht darin, dass sie Planer und Entscheidungsträger dabei unterstützen, Engpässe zu identifizieren und Optimierungspotenziale in bestehenden Plänen zu erkennen. Zudem können diese Simulationen genutzt werden, um Trainingsprogramme für Einsatzkräfte zu entwickeln und zu verbessern, indem sie realistisches Feedback zu deren Strategien und Aktionen bieten.
Darüber hinaus bieten Evakuierungssimulationen die Möglichkeit, die Wirksamkeit von Notfallkommunikationsstrategien zu bewerten und zu verfeinern, die z. B. variabel auf unterschiedliche Brandverteilungen und Verrauchungssituationen reagieren. Durch die Analyse von Routen, Ausgangswahl und Evakuierungsgeschwindigkeit kann festgestellt werden, wie der Personenfluss im Gebäude sich zu unterschiedlichen Zeitpunkten der Evakuierung verhält und ob Informationen gut verteilt und verstanden werden.
Generative Design und BIM
Der BIM- und Generative Design- Workflow wurde in seinen gegenwärtigen Leistungen und seinem Potenzial für die Unterstützung mit Künstlicher Intelligenz in der Brandschutzplanung systematisch analysiert und strukturiert. Die Integration von Simulationen in Generative Design als digitaler Planungsprozess bietet viele Schnittstellen zum Brandschutzingenieurwesen. In einem eigenständigen Fachmodell für den Brandschutz können fachbezogene Auswertungen vollzogen werden, die auch auf Beziehung zum digitalen Gesamtgebäudemodell basieren.
Die Verwendung von spezialisierten Fachmodellen ermöglicht nicht nur eine präzisere Planung, sondern fördert auch eine engere Zusammenarbeit zwischen Architekten, Ingenieuren und Brandschutzexperten. Durch den Zugriff auf umfassende Datenanalysen und simulationsbasierte Prognosen können sämtliche Szenarien des Brandgeschehens bereits in der Planungsphase evaluiert werden, wodurch sowohl Effizienz als auch Sicherheit erheblich gesteigert werden. Zudem legt diese Vorgehensweise den Grundstein für die Entwicklung individueller Lösungen, die den spezifischen Anforderungen eines jeden Großprojekts gerecht werden und gleichzeitig gesetzliche Vorgaben sowie Sicherheitsstandards erfüllen.
In der dynamischen Welt der Bau und Immobilienbranche ist die effiziente Nutzung von Daten entscheidend, um sich neue Wettbewerbsvorteile zu erarbeiten und die Potenziale der Digitalisierung voll auszuschöpfen. Mit der Implementierung von maschinellen Lernverfahren unterstützt bspw. Earlybuild planende und fertigende Unternehmen dabei, präzise Vorhersagen aus den eigenen Modell- und Datenbeständen zu treffen und wertvolle Einblicke in Verbesserungspotenziale zu gewinnen.
Die intelligenten Dashboards von bspw. Earlybuild bieten klare und verständliche Visualisierungen von Daten, die als Grundlage für fundierte Entscheidungen in Entwurf, Planung und Fertigung dienen. Mit einem Fokus auf die Integration von Geoinformationssystemen (GIS) und Building Information Modeling (BIM) mit künstlicher Intelligenz (KI) bietet bspw. Earlybuild fortgeschrittene Algorithmen für individuelle Anwendungsfälle.
Derr Autor
Dr. Manuel Mühlbauer ist Experte für BIM und Künstliche Intelligenz mit über 15 Jahren Erfahrung. Er promovierte in Digitalen Planungstechniken und entwickelt digitale Workflows für die Bauindustrie.